Die Kopter Group AG, ehemals Marenco Swisshelicopter AG mit Sitz in Wetzikon, Schweiz, benötigte eine Produktionshalle für ihre Hubschrauber. Ursprünglich hatte das Unternehmen eine Stahlkonstruktion in Erwägung gezogen. Der Architekt überzeugte jedoch zusammen mit einer auf Holzbauten spezialisierten Baufirma die Geschäftsleitung, sich für eine weitgespannte Holzkonstruktion mit BauBuche-Fachwerkträgern zu entscheiden – mit einer ausgezeichneten Energiebilanz obendrein.
Im Jahr 2019 sollte der SH09, ein leichtes einmotoriges Mehrzweckflugzeug und der erste Helikopter aus Schweizer Produktion, in Serie gehen. Dass dies in einer grossen Holzhalle geschah, ist den überzeugenden Argumenten und Vorschlägen von Architekt Renato Leuzinger, Ingenieur Hermann Blumer und Franz Frevel vom Holzbauspezialisten Casa-Vita zu verdanken. Im Vorfeld des Entscheids der Kopter Group AG Anfang 2016 haben die kreativen Köpfe in enger Zusammenarbeit ein Gebäude und eine geeignete Tragstruktur entworfen und einen wirtschaftlich tragfähigen Vorschlag erarbeitet, der sehr elegant und auffallend ist.
Das neue Gebäude musste ausreichend Platz bieten, um mehr als 50 Hubschrauber pro Jahr zu bauen. Gleichzeitig benötigte die Kopter Group AG Räume, um bestehende und neue Kunden zu empfangen. Gesucht wurde also ein Multifunktionsgebäude, das nun in Form eines 41 m breiten und 60 m langen Baukörpers mit Höhenstaffelung entstanden ist. Es umfasst eine Halle mit einer Breite von 32 m und einer Höhe von 9,30 m, die sich über die gesamte Länge des Gebäudes erstreckt. Außerdem gibt es einen 12,3 m hohen, 9 m breiten und 24,5 m hohen Abschnitt, in dem verschiedene Werkstätten, die technische Abteilung und verschiedene Büros untergebracht sind. Dieser Block befindet sich an einer der Längsseiten der Fabrikhalle und geht in einen Übergangsbereich über. Drei der vier Stockwerke des Gebäudes sind in Stahlbeton ausgeführt. Das vierte Stockwerk erstreckt sich über den größten Teil der Haupthalle und besteht aus einer 3 m hohen Holzkonstruktion, die auf der massiven Betonstruktur aufliegt. Angesichts der großen Grundfläche musste die Decke der Haupthalle in der Lage sein, die zusätzliche Last zu tragen. Das vierte Stockwerk direkt unter dem Dach beherbergt die Verwaltungs- und Vertriebsbüros sowie einen Schulungsraum für Hubschrauberpiloten und Unterkünfte für drei Personen.
Um die Hallenbreite von 32 m zu überspannen, mussten die Planer eine geeignete Tragkonstruktion und Dachgeometrie finden. Sie zogen von Anfang an Fachwerkträger in Betracht, da sie die erforderliche Tragfähigkeit bieten und sowohl elegant als auch kostengünstig sind. In herkömmlichem Fichtenleimholz ausgeführt, hätte eine solche Konstruktion jedoch viel zu große Elementquerschnitte und Trägerhöhen erfordert. Da die Konstruktion zudem Kranlasten von bis zu 3,2 Tonnen tragen muss, kam nur BauBuche in Frage, ein moderner Holzwerkstoff aus Buchenfurnier, dessen Festigkeitseigenschaften mit denen von Stahl vergleichbar sind. Dank seiner hervorragenden Zug- und Druckfestigkeit hält BauBuche nicht nur hohe Lasten aus, sondern ist auch in der Lage, die auf den Trägern ruhende Konstruktion des vierten Stockwerks ohne Verformung zu tragen. Aufgrund der außergewöhnlichen Materialeigenschaften von BauBuche konnten Gitterelemente mit kleinen Querschnitten verwendet werden, so dass die 31,7 m langen Gitterträger nur 2,6 m hoch und 40 cm breit sind. Da sich die Träger zu den Auflagern hin verjüngen oder in Fachwerkdiagonalen enden, gibt es über die gesamte Gebäudelänge ungehinderte Ausleger für Kranschienen. Die Schienen sind an den Obergurten aufgehängt und mit seitlichen Stahlplatten an den Diagonalen befestigt.
Die im Abstand von 5 Metern eingebauten Fachwerkträger bilden das Haupttragwerk des Daches. Auf der freien Hallenseite sind diese Träger mit speziellen Stahlverbindungsplatten an einem riesigen Portalrahmen aus einer vorgespannten Holz-Beton-Verbundkonstruktion befestigt, der Toröffnungen von 12,20 und 37,20 m überspannt. Auf der anderen Hallenseite ruhen einige der Träger auf Stahlplatten, die in die Stahlbetonwände des Massivbaus eingelassen sind, während andere an einem 30,40 m langen und 3,16 m hohen Tragwerksbalken auf Pfosten – alles aus BauBuche – befestigt sind. Der Tragwerksträger befindet sich zwischen dem Massivbau und dem zweiten Stahlbetontreppenturm am Ende der Halle. Das bedeutet, dass die Holzkonstruktion direkt oder indirekt von den Stahlbetonelementen des Gebäudes getragen wird, die wie ein „Rückgrat“ für die vertikale Aussteifung wirken. Bei den horizontalen Aussteifungselementen handelt es sich um Kastenträger, die auf die Fachwerkträger aufgesetzt und zu einem Dachschema zusammengefügt werden.
Da es in der Nähe des Flugplatzes Bauhöhenbeschränkungen gibt, hatte die Verwendung von BauBuche den zusätzlichen Vorteil, dass die Trägerhöhe gering gehalten werden konnte, so dass die Gesamthöhe des Gebäudes den Planungsanforderungen entsprach. Infolge der kompakten Bauweise konnten erhebliche Einsparungen bei den Baumaterialien und der Fassadenverkleidung erzielt werden. In der Evaluierungsphase war die Möglichkeit einer Stahlkonstruktion geprüft worden, die denselben anspruchsvollen Anforderungen genügen musste. Obwohl die statischen Festigkeitseigenschaften von Stahl denen von BauBuche gleichwertig sind, wären zusätzliche Kosten für die Erfüllung der Brandschutzvorschriften angefallen. Um die Anforderungen der Brandschutzklasse R30 zu erfüllen, wäre bei einer Stahlkonstruktion eine Brandschutzbeschichtung erforderlich gewesen, so dass die Endkosten denen der BauBuche-Konstruktion entsprochen hätten. Auch wäre eine Stahlkonstruktion wahrscheinlich nicht so attraktiv wie die ausgeführte Holzkonstruktion.
Die zwölf Fachwerkträger und zwei Stützträger mit einem Gewicht von je 12 bzw. 16 Tonnen wurden von den Holzbauspezialisten Casa Vita und SJB.Kempter.Fitze AG geplant und gebaut. Der Transport von den Appenzeller Hügeln nach Glarus erforderte aufgrund der Länge ein überdimensionales Transportfahrzeug, einen Begleitwagen und eine Sonderbewilligung der Strassenverkehrsbehörde. Die Fahrt vom Werk zum Flugplatz Mollis verlief ohne Zwischenfälle, und die guten Wetterbedingungen ermöglichten es den ausführenden Firmen, noch am selben Tag mit der Montage der Elemente zu beginnen, so dass die äusserst anspruchsvollen Arbeiten auf der Baustelle sogar früher als geplant abgeschlossen werden konnten.
Bei der Wahl des Materials und der Farbe für die Fassade berücksichtigten die Planer die Umgebung, in die das neue Gebäude eingebettet werden sollte. Das aus der eigentlichen Halle herausragende Bürogebäude ist mit Ethernit-Elementen verkleidet, die einen angenehmen Kontrast zur Blechfassade der Fabrikhalle bilden. Mit dieser inspirierten Holzkonstruktion und ihren imposanten Fachwerkträgern konnte der Architekt einen Entwurf realisieren, der sich wirklich von den einzigartigen Hubschraubern abhebt, die dort bald produziert werden.
-Text von Susanne Jacob-Freitag-
Beratung für Architekten, Bauingenieure, Bauherren und Holzbauunternehmen