BauBuche trägt Elefanten

Winterthur, Schweiz

Der „Elefant“ ist ein siebengeschossiger Büroneubau in Holzskelettbauweise, den an einer Schmalseite ein denkmalgeschützter Portikus flankiert. Die bauordnungsrechtlich begrenzte Gebäudehöhe und die geforderte räumliche Flexibilität ließen für das Tragwerk des Neubaus nur hoch belastbares Material zu. Alle Stützen und die mit einer Holz-Beton-Verbund-Decke verbundenen Unterzüge und Träger wurden daher aus BauBuche gefertigt.

Beteiligte

Bauvorhaben

Neubau eines Bürogebäudes

Bauort

Lokstadt, CH-8400 Winterthur

Fertigstellung

Februar 2024

Bauherrschaft/Entwicklung

Implenia, CH-8152 Glattpark (Opfikon), www.implenia.com

Architektur

weberbrunner architekten ag, 8045 Zürich, www.weberbrunner.ch

Holzbauingenieur

Solubois ZH GmbH, CH-8400 Winterthur, www.solubois.ch

Holzbau

Implenia, CH-8152 Glattpark (Opfikon)

Massivbauingenieur

Synaxis AG, 8050 Zürich, www,synaxis.ch

Produktion BauBuche-Bauteile

Pollmeier Massivholz GmbH & Co. KG, D-99831 Creuzburg

Energiestandard

SIA Energieeffizienzpfad / Minergie

Grundfläche

2.300 m2 (Anteil Neubau)

Fotos

(c) SWICA/Michael Haug, beate bühler fotografie gmbh

Zeichnungen

weberbrunner architekten ag, Solubois ZH GmbH

Projekt informationen

Das Lokstadt-Areal in Winterthur, ehemals Sitz der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik, wird seit 1990 schrittweise zu einem gemischt genutzten Quartier mit Wohn-, Gewerbe und Bürobauten umgestaltet. An der Zürcherstrasse ist nun der „Elefant“ entstanden, ein siebengeschossiges Bürogebäude, benannt nach einem Lokomotivtyp, der einst hier produziert wurde. Der Holzskelettbau, der an einen unter Denkmalschutz stehenden Portikusbau angrenzt, nimmt mit einer seriell gestalteten Längsfassade Bezug auf diese industrielle Vergangenheit. Zudem wurde der historische Gebäudeteil im Zuge der Baumaßnahmen saniert und ertüchtigt und die alten Stahlträger und Kranbahnen aus denkmalpflegerischen Gründen erhalten.

Im Gesamtkomplex dient dieser Bereich nun als Empfangs- und Beratungszone für die Kunden des an die Schweizer Kranken- und Unfallversicherung SWICA als Regionalhauptsitz vermieteten Gebäudes. Dieses beherbergt auf rund 11.000 m2 Fläche eine Vielzahl unterschiedlicher Arbeitsplätze. Hinzu kommen Sitzungszimmer, Cafeterien, ein öffentlich zugängliches Personalrestaurant und Terrassen. Projekt- und Kreativarbeit findet in speziellen Zonen im vorgelagerten Hallentrakt statt, das Erdgeschoss nutzt ein Schulungs- und Konferenzzentrum. Das gesamte Bauvorhaben wurde nach den Vorgaben der 2000-Watt-Gesellschaft umgesetzt und im SIA Effizienzpfad Energie nach Minergie-Standard zertifiziert.

 

Tragwerk im Überblick

Zwei Erschließungstürme aus Beton dienen dem unter Einsatz von BIM und Lean Construction Management entwickelten Neubau als aussteifende Kerne. Alles andere wurde in Holzskelettbauweise mit tragenden Elementen aus Buchen-Furnierschichtholz, kurz BauBuche, errichtet. Die Basis des Tragsystems bilden die Stützen. Sie reihen sich in Trägerspannrichtung im Raster von 5,40 m bis 5,70 m aneinander, in Deckenspannrichtung im Raster von 7,41 m respektive 8,94 m. Im Anbau erreicht die Spannweite 11,80 m, wobei hier die Träger mit dem Beton darüber als Verbundkonstruktion ausgebildet sind. Auf den Stützen liegen Randträger und als Durchlaufträger ausgebildete Unterzüge, auf denen wiederum Holz-Beton-Verbund(HBV)-Decken auflagern. Diese als Einfeldträger zwischen den Unterzügen spannenden HBV-Decken sorgen mit ihrer Scheibenwirkung für die notwendige Aussteifung in horizontaler Richtung.

Die Ausbildung des Tragwerks des siebengeschossigen Gebäudes und die Materialwahl dafür ergaben sich auch vor dem Hintergrund, dass das favorisierte klassische Stützen-Unterzug-System mit großen Trägerspannweiten maximale Flexibilität in der Raumanordnung ermöglichen sollte.

Zudem galt es, ein Tragwerk zu entwickeln, das sowohl horizontal als auch vertikal extrem hohe Lasten aufnehmen kann – besonderes Augenmerk galt dabei den Stützen im Erdgeschoss. Gleichzeitig erforderten die bauordnungsrechtlich begrenzten Geschosshöhen eine möglichst geringe Konstruktionshöhe der Unterzüge und Decken. Mit BauBuche der Festigkeitsklasse GL75 konnten beide Anforderungen erfüllt werden. Durch die hohe Belastbarkeit dieses derzeit leistungsfähigsten industriell gefertigten Holzwerkstoffes ließ sich die Höhe der Unterzüge und damit der Materialeinsatz minimieren. Eine weitere Leistungssteigerung ergab sich aus der Durchlaufwirkung der HBV-Decken aus 20 cm hohem Brettschichtholz (BSH) und 12 cm Aufbeton. Für die Stützen im Erdgeschoss erwies sich BauBuche aufgrund der hier ankommenden enormen Lasten sogar als einzig möglicher Holzwerkstoff, während für die weniger belasteten Stützen der Obergeschosse auch Fichte oder Tannenholz als Alternative in Frage gekommen wäre. Im Sinne eines einheitlichen Erscheinungsbildes kam das Buchen-Furnierschichtholz jedoch auch hier zum Einsatz.

Aus brandschutztechnischer Sicht sind alle Querschnitte des Tragwerks – Stützen, Träger und Unterzüge – auf 60 Minuten Abbrand (R 60) bemessen. Für die quer zur Tragstruktur verlaufenden Lüftungs-, Kühlungs- und Elektrotrassen wurden in den Unterzügen Aussparungen vorgesehen.

 

Detaillösungen in BauBuche

Die BauBuche-Stützen entlang der Fassade und in weniger belasteten Bereichen des Gebäudes erhielten Querschnittsabmessungen von 31,5 cm x 32 cm. In stärker belasteten Bereichen betragen die Stützenquerschnitte 31,5 cm x 48 cm. Als Toleranz zwischen Obergurt und Stütze entlang den Fassaden wurden 5 mm eingeplant.

Auf den Fassadenstützen liegen in den Regelgeschossen 52 cm hohe und 25,5 cm breite BauBuche-Träger auf. Seitlich mit Schraubenpressklebung befestigte BauBuche-Anleimer (6 cm x 12 cm) dienen als Auflager für die BSH-Elemente der HBV-Decken. Als Maßnahme gegen ein Verdrehen unter hohem Lasteintrag dienen im Abstand von jeweils 1 m sowie beidseitig der Stützen eingelegte Bewehrungseisen (2 cm Durchmesser, 1,50 m Länge). Diese sind mit Kopfplatten (110 x 110 x 15 mm) und Schrauben an den Trägeraußenseiten fixiert und verbinden diese mit dem Aufbeton. Die Randträger unterhalb der Attika weisen aufgrund der höheren Belastung größere Dimensionen (bis zu 96 cm x 31,5 cm) auf und sind in Teilbereichen zudem mit einer Überhöhung von 15 mm gefertigt worden.

In Gebäudemitte sind die Unterzüge mit Regelhöhen von 65 cm bei 31,5 cm Breite dimensioniert, in weniger belasteten Bereichen genügen 40 cm Höhe bei 31,5 cm Breite. Als Auflager für die liegenden BSH-Elemente dienen 20 cm x 6,5 cm tiefe Ausklinkungen in den oberen Randbereichen. Zur Fügung wurde 8 mm Bautoleranz eingeplant, zur Abdichtung des Fließmörtels 8 mm Kompriband. Der Fließmörtel dient wiederum dazu, eine kraftschlüssige Deckenkonstruktion herzustellen. So konnte die HBV-Decke als Durchlaufträger-System berechnet werden.

                                                          

Im Hallenanbau mit den hier vorherrschenden Spannweiten von bis zu 11,80 m kommen die 31,50 cm breiten Unterzüge mit einer Höhe von 84 cm sowie einer Überhöhung von 25 mm zum Einsatz, und konnten im Verbund mit dem Aufbeton zudem als T-Träger berechnet werden. Den Verbund stellen Stahlschubnocken mit Kopfbolzen, die auf die Träger aufgeschraubt wurden, her.

An den Knotenpunkten Stütze/durchlaufender Unterzug erhielten die Unterzüge im Bereich der Stützen durchgesteckte Rundstähle. In Kombination mit Lastverteilungsplatten am Stützenfuß bzw. Stützenkopf konnten die Vertikallasten ohne Querpressung der Holzfasern der Unterzüge direkt von Stütze zu Stütze durchgeleitet werden. Je nach Lasteintrag verbinden ein, zwei oder drei Vollstahlrundprofile mit 80 mm Durchmesser jede Stütze über Kopf- und Fußplatten (d = 30 mm) mit dem entsprechenden Unterzug. Die Länge der Rundstähle berücksichtigt dort, wo HBV-Decken von Unterzug zu Unterzug spannen, auch die Höhe des Aufbetons der späteren HBV-Decke, so dass sie im Holzrohbau jeweils 12 cm über die Unterzüge überstehen.

Alle Vorbohrungen und Aussparungen für die Medien wurden bereits beim Abbund vorgenommen (siehe hierzu auch Hinweis im Infokasten). Während der rund fünfmonatigen Montagezeit schützte ein über das Bürogebäude gespanntes permanentes Notdach das Material vor der Witterung. Zum Einheben der Bauteile und allen weiteren Materialien mit dem Kran wurde das Notdach aber auch immer wieder teilweise geöffnet.

 

Fazit

Dank BauBuche konnte ein effizientes und ökonomisches Tragwerk realisiert werden, das alle Anforderungen an ein modernes Bürogebäude erfüllt und während seiner gesamten Nutzungsdauer flexibel nutzbar bleibt. Dabei kommen die Vorteile des hochtragfähigen Hartholzes im wahrsten Sinne des Wortes zum Tragen: Die großen Spannweiten ermöglichen eine flexible Grundrissgestaltung, und durch die hohe Festigkeit konnten auch stark belastete Bauteile effizient ausgeführt werden.

 

Infokasten:

Aussparungen und Durchbrüche in BauBuche-Bauteilen sind in Deutschland bauaufsichtlich nicht geregelt und dürfen somit nicht ausgeführt werden; dasselbe gilt für eingeleimte Gewindestangen. In der Schweiz liegt die Verantwortung, ob Durchbrüche in BauBuche-Bauteilen eingeplant werden dürfen, dem Tragwerksplaner. Kann er nach der gültigen Schweizer Norm nachweisen, dass die erforderliche Tragfähigkeit der BauBuche-Bauteile mit den entsprechenden Aussparungen und Durchbrüchen erhalten bleibt, dürfen diese ausgeführt werden, wie beim Elefant-Gebäude geschehen.

 

text von: Susanne Jacob-Freitag, Karlsruhe

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Fotos: beate bühler fotografie gmbh, SWICA/Michael Haug

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