Alles im Rahmen

Stiftung Waldhaus, Forstamt Freiburg, Deutschland

Das neue Forstamt in Freiburg ist auf den ersten Blick ein schlichter Würfel aus Holz und Glas. Dahinter steckt allerdings ein außergewöhnliches statisches System mit einem Tragwerk aus BauBuche, das es so noch nie gab.

Beteiligte

Fertigstellung

August 2022

Baukosten

2,1 Mio. Euro

Bauherr

Stiftung Waldhaus, D-79100 Freiburg

Architektur
Tragwerksplanung

Ingenieurbüro Wirth Haker, D-79100 Freiburg

Holzbau

Elztal Holzhaus GmbH, D-77978 Schuttertal

Produktion BauBuche Bauteile

Pollmeier, D-99831 Creuzburg

Fotos

Yohan Zerdoun | Architekturfotografie, D-79106 Freiburg, Elztal Holzhaus GmbH

Zeichnungen

stocker . dewes architekten bda, Ingenieurbüro Wirth Haker

Projekt informationen

Nichts liegt näher, als ein neues Forstamt in Holz zu bauen. So jedenfalls war es in Freiburg. Von Beginn an sollte das Verwaltungsgebäude ein Holzbau werden – idealerweise aus Holz des stadteigenen Forstes. Auch die räumliche und funktionale Nähe zum ebenfalls aus Holz gebauten Waldhaus, einem bereits 2008 fertiggestellten Schulungsbau für Umweltbildung, sprach für ein Gebäude aus dem nachwachsenden Rohstoff.

Darüber hinaus wollte sich die Stiftung Waldhaus, Bauherr beider Gebäude, mit dem neuen Projekt für die Förderung innovativer Einzelbauvorhaben der Holzbau Offensive Baden-Württemberg bewerben. Hierfür galt es, entsprechende Schwerpunkte zu setzen. Besonders innovativ waren zwei Aspekte des Entwurfs: Zum einen die Verwendung von BauBuche für die gesamte Tragstruktur, zum anderen das statische System: Die Aussteifung des fast würfelförmigen Gebäudes, das im Grundriss 13,64 m x 14,14 m misst und 12,95 m hoch ist, erfolgt nämlich ausschließlich über die Außenwände, die als biegesteife Mehrfach-Rahmen fungieren. Im Innenraum stehen lediglich sechs Pendelstützen zur vertikalen Lastabtragung, so dass sich alle Grundrisse frei einteilen lassen. Selbst der Erschließungskern mit Treppenhaus und Aufzugsschacht hat hier keine aussteifende Funktion.

Tragwerk und Aussteifung über die Außenwandkonstruktion

Das viergeschossige Gebäude besteht aus einem Sockelgeschoss aus Stahlbeton, auf das drei Geschosse in Holzbauweise aufsetzen. Die wesentlichen Elemente der Tragstruktur bilden neben den sechs Innenstützen aus BauBuche die Außenwände mit drei vertikalen, ein Meter breiten und 10 cm starken Riegeln pro Seite, die als wandartige Stützen wirken, sowie jeweils einem horizontalen Brüstungselement (h/b: 88 cm x 10 cm) pro Ebene. Letztere sind Aussteifungselement und Deckenüberzug in einem. Horizontal- und Vertikalriegel sind dabei aneinander vorbeigeführt und in den Kreuzungspunkten durch Stabdübel miteinander verbunden. In ihrer Gesamtheit bilden die Stützen und Riegel an den Knotenpunkten biegesteife Rahmenecken aus, und zwar in Reihung, ähnlich dem Prinzip eines Vierendeel-Trägers. Das ermöglichte es, auf die Diagonalen eines Fachwerks zu verzichten. „Die hohe Steifigkeit der Knotenpunkte wird durch den Einsatz von BauBuche als tragendes Element in Kombination mit den Stabdübel-Verbindungen erreicht“, erläutert Johann Haker, Tragwerksplaner vom Ingenieurbüro Wirth Haker und ergänzte: „Mit dieser ‘Super-Structure’ waren keine Innenwände zur Aussteifung erforderlich und auch die Gebäudeecken konnten stützenfrei bleiben.“ Das brachte sowohl im äußeren Erscheinungsbild eine hohe ästhetische Qualität mit sich, als auch für die Innenräume, wo die stützenfreien Über-Eck-Fenster eine raumerweiternde Wirkung entfalten und großzügige Ausblicke erlauben. Zudem konnten die Knotenpunkte die durch die Auskragungen erzeugten Kräfte ohne weiteres aufnehmen. Als größte Horizontallast, die auf das Gebäude wirkt, nannte Johann Haker neben Windkräften auch Erdbebenkräfte. Das Forstamt liegt in der Erdbebenzone 1.

Hohe Stabilität der Rippendecken durch Verschraubung und Verklebung

Eine weitere Besonderheit des Forstamtsgebäudes liegt im Deckentragwerk: Hier haben die Ingenieure sehr schlanke Rippendecken aus BauBuche gewählt, die die Lasten im Innenbereich über zwei deckenintegrierte Unterzüge auf die sechs Pendelstützen ableiten. Die Rippendecken-Elemente bestehen aus 4 cm dicken BauBuche-S-Platten und 8 cm x 16 cm großen und bis zu 4,72 m langen, mit der Platte verschraubten und verklebten Rippen (Schraubpressklebung), ebenfalls aus BauBuche (GL 75). Dabei wirken die kraftschlüssig verbundenen Rippen, die mit einem Abstand von 16 cm verlegt wurden, vor allem der Durchbiegung der Platte entgegen. Die Platte selbst kann die Auflagerkräfte ohne Unterstützung der Rippen weiterleiten, was es ermöglichte, die Rippen kurz vor dem Auflager am Unterzug bzw. der Außenwände enden zu lassen. Zwei Schrauben pro Rippe und pro Seite übertragen hier die Kräfte aus den Rippen auf die Platte.

Für einen guten Schallschutz sorgt schließlich der Deckenaufbau mit Kiesschüttung, Trittschalldämmung sowie einer Heizestrichschicht plus Bodenbelag.

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Präzisionsvorfertigung aller tragenden und nichttragenden Teile

Sowohl die bis zu 4,88 m langen und 1,66 m bis 1,75 m breiten Decken- und Dachelemente, als auch die geschosshohen, wandartigen Stützen und Brüstungen der Außenwände wurden im Werk der Elztal Holzhaus GmbH vorgefertigt und per Sondertransport auf die Baustelle geliefert. Innerhalb nur einer Woche konnte der tragende Holzbau gestellt werden. Anschließend fertigte das Fassadenbau-Unternehmen Karl Burger die nichttragenden Fassadenelemente vor und montierte sie in enger Zusammenarbeit mit dem Fensterbauer.

Die Fassadenelemente sind mit insgesamt 34 cm Mineralwolle gedämmt und mit einer horizontalen Weißtanne-Rombusschalung gelattet. Die fertigen Elemente konnten vor Ort ins Holztragwerk eingefügt und mit ihm verschraubt werden. Die enge Zusammenarbeit mit den Fensterbauern war nicht nur deshalb für einen perfekten Einbau der Fenster wichtig, weil die Fenster in die Fassadenelemente eingepasst werden mussten, sondern auch, weil die Aussparungen in den Elementen den hinter der Fassade liegenden Sonnenschutz aufnehmen mussten.

Sparpotenzial beim Bauen mit BauBuche

Die hohe Festigkeit der BauBuche macht Konstruktionen mit schlanken Profilen auch bei großen Spannweiten möglich. Bis zu einem Drittel mehr Höhe müsste beispielsweise für einen Träger aus Nadelholz veranschlagt werden. So sparen schlanke horizontale Bauteile wie die Rippendecken Geschosshöhe ein und insgesamt Gebäudehöhe, und damit auch viele andere Baumaterialien und Kosten.

Kostenplan mit Spenden und Förderungen erreicht

Der Neubau des Forstamts soll zeigen, wie viel Potential im Bauen mit Laubholz steckt. Daher wählten die Planer ein Tragkonzept, das die Vorzüge des Einsatzes von BauBuche zeigt. Die Bauherrin ‘Stiftung Waldhaus’ erhielt neben einem Baukostenzuschuss der Stadt Freiburg Mittel aus dem Klimaschutzfonds der Stadt, eine Privatspende sowie eine Förderung von 200.000 Euro aus dem Holzinnovativprogramm (HIP) von Baden-Württemberg. Der Neubau lag mit rund 2,1 Millionen Euro im Kostenplan. Der Zeitplan dagegen musste Corona bedingt angepasst werden. Mittlerweile ist der Einzug ins neue Forstamt aber geschafft, und die Anlaufstelle für alle Anliegen rund um den Wald hat die Arbeit aufgenommen.

 

-Text von Susanne Jacob-Freitag-

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