Dornbirn, im österreichischen Bundesland Vorarlberg, hat seit Anfang 2020 mit dem Bürohaus „Sägen 6“ des Immobilienentwicklers F.M. Hämmerle ein fünfgeschossiges Gebäude in reiner Holzbauweise. Das „Sägen 6“ ist der neue Stammsitz von gleich zwei renommierten ortsansässigen Planungsbüros für Architektur und Tragwerke in Holz. Von ihnen selbst entworfen und in enger Abstimmung mit dem Bauherrn entwickelt, haben sie ebenso schlichte wie innovative Lösungen für den Zweckbau gefunden. Dabei spielte der gezielte Einsatz von BauBuche im Tragwerk eine besondere Rolle.
Vorarlberg ist weithin bekannt für seine Tradition im Holzbau. Dornbirn, die größte Stadt des österreichischen Bundeslandes Vorarlberg, ist mit knapp 50.000 Einwohnern das regionale Wirtschaftszentrum und der Verkehrsknotenpunkt. Seit Anfang 2020 steht hier ein einzigartiges fünfstöckiges Bürogebäude in Holzbauweise, dass die Büros der beiden ortsansässigen Firmen Johannes Kaufmann Architekten und merz kley partner beherbergt, die bereits zuvor in der Nähe ihre Büros hatten. Gemeinsam mit dem innovativen Bauherrn, der F.M. Hämmerle Holding, haben die beiden Unternehmen ein Gebäude mit vielen Alleinstellungsmerkmalen entworfen. So ist der zentrale Versorgungsschacht erstmals in Österreich nicht aus Stahlbeton, sondern aus Massivholz gebaut. Viele Schlüsselelemente der Tragkonstruktion sind in BauBuche ausgeführt. Den Planern ist es gelungen, einen markanten Holzbau zu errichten, der neue Maßstäbe setzt.
Das 33,70 m lange, 12,30 m breite und 17,60 m hohe Gebäude steht auf einer in Stahlbeton ausgeführten Tiefgarage. Auf diesem Fundament montierte Fussenegger Holzbau vorgefertigte Holzbauelemente, die mit Stahlverbindern auf dem Betonsockel verankert wurden. Zu dieser Holzkonstruktion gehört ein zentraler Versorgungsschacht in einer der Gebäudeecken. Er besteht aus 20 cm starken Brettsperrholzelementen (CLT), die bis zu 10 m hoch sind und sich über zwei oder drei Geschosse erstrecken. Aus Gründen des Brandschutzes sind diese Elemente mit zwei Lagen 10 mm dicken Gipsfaserplatten ummantelt. Lediglich die eigentliche Treppe wird aus Betonfertigteilen hergestellt. Der zentrale Haustechnikbereich umfasst nicht nur den Aufzugsschacht und das Treppenhaus als Fluchtweg, sondern auch einen Teil der aussteifenden Elemente des Gebäudes. Beim Tragwerk handelt es sich im Grunde um einen Holzskelettbau aus BauBuche-Stützen und -Trägern sowie Brettsperrholz-Decken. Angeordnet sind die Stützen in den beiden Außenwand-Längsachsen und einer nicht mittig liegenden Zwischen-Längsachse. Während die BauBuche-Stützen und -Träger in der Zwischenachse jedoch als Tragwerk sichtbar geblieben sind, wurden sie in den Außenachsen in Holzrahmenbau(HRB)-Wandkonstruktionen „versteckt“. So besteht die Gebäudehülle aus werkseitig vorgefertigten 8,10 m langen, 3,10 m (Geschoss) hohen und 24 cm dicken HRB-Elementen mit BauBuche-Stützen, die im Achsmaß des Fassadenrasters darin eingebaut sind. Mit Querschnittsabmessungen von 40 cm Breite und 24 cm Tiefe leiten sie die Vertikallasten über alle Geschosse in die Fundamente ein. Zwischen den Stützen sind klassische, 8 cm breite und 24 cm tiefe Ständer aus Konstruktionsvollholz (KVH, e = 62,5 cm) eingefügt. Ein 26 cm hoher und ebenfalls 24 cm tiefer Brettschicht (BS) -Holz-Sturz schließt die Elemente oben jeweils ab. Der Rest ist klassischer Holzrahmenbau. Die Elemente wurden mit Zellulosedämmung ausgeblasen. Eine raumseitige Beplankung aus 18 mm dicken OSB-Platten steift die HRB-Elemente aus und fungiert zugleich als Dampfbremse. Den Raumabschluss bilden Weißtannen-Paneele (furnierte Holzwerkstoffplatten) mit teilweiser Mikroperforierung für eine verbesserte Raumakustik. Auf der Außenseite schließen 15 mm dicke Gipsfaserplatten die BauBuche/KVH-Rahmen ab, gefolgt von einer witterungsfesten und UV-beständigen, schwarzen Winddichtigkeitsbahn. Diese Abdeckung erstreckt sich über eine der kurzen Seiten des Gebäudes, während die andere Seite mit CLT verkleidet ist. Zusammen mit der CLT-Konstruktion des zentralen Versorgungsschachts am gegenüberliegenden Ende des Gebäudes wirkt die 20 cm dicke Giebelwandverkleidung als vertikale Aussteifungsstruktur. 22 cm dicke CLT-Bodenplatten in jedem Geschoss leiten die horizontalen Lasten – einschließlich Wind- und Erdbebenlasten – in die aussteifenden CLT-Paneele und Verbundelemente ein.
Das Tragwerkskonzept der Skelettbauweise sorgt dafür, dass die vertikalen Lasten in allen Achsen über Hirnholzverbindungen direkt von Pfosten zu Pfosten abgeleitet werden, so dass ein seitlicher Schub auf Böden und Balken vermieden wird. Um dies zu erreichen, sind die BauBuche-Pfosten von diesen Elementen getrennt, so dass die BauBuche-Balken und CLT-Stürze in den Zwischenachsen (B x H 32 cm x 48 cm, GL70) und die CLT-Stürze im Holzrahmenbau an Konsolen zwischen den Pfosten aufgehängt sind, ähnlich wie bei Einfeldträgern. Die Pfosten entlang der Zwischenachse sind 40 cm breit, was der Breite der verdeckten Pfosten in den Außenwänden entspricht. Ihre Tiefe beträgt jedoch 32 cm, dass sind 8 cm mehr als die Tiefe der verdeckten Pfosten. Der Abstand zwischen den Innenpfosten beträgt 5,40 m und ist damit doppelt so groß wie der Abstand zwischen den Pfosten an der Fassade. Aufgrund der hohen Druckfestigkeit des Laubholzes haben die BauBuche-Pfosten einen wesentlich geringeren Querschnitt, als dies mit herkömmlichem Brettsperrholz möglich gewesen wäre, und zeichnen sich durch eine starke und einfache Stützenkopfkonstruktion aus, was zu einer erheblichen Kosteneinsparung führte. Die erfreuliche Symbiose von attraktiver architektonischer Gestaltung und effizienter Konstruktion ist also nicht zuletzt auf die einzigartigen Eigenschaften der BauBuche zurückzuführen. Zum einen verfügt BauBuche über die für einen solchen einzigartigen Holzbau erforderliche statische Festigkeit. Andererseits trägt die ansprechende Optik des Materials zur natürlichen Atmosphäre und Eleganz des Innenraums bei. Mit BauBuche bilden Design, Statik und Raumaufteilung ein harmonisches Gesamtkonzept.
Die BauBuche-Stützen entlang der tragenden Mittelachse sind ein markantes innenarchitektonisches Merkmal, dass durch eine Holzlasur hervorgehoben wird. Die Büroflächen in den Obergeschossen können je nach Bedarf strukturiert und genutzt werden – sei es als Großraumbüro mit großem Eingang, unterteilt in kleinere Einheiten entlang eines Mittelflurs oder mit Trennwänden zwischen klassischen Einzel- und Doppelbüros. Die Konstruktion des Gebäudes „Sägen 6“ sieht sogar zwei zusätzliche Stockwerke vor, falls in Zukunft mehr Platz benötigt wird. Mit einer derzeitigen Höhe von 17,60 m (< 22 m), liegt das Bürogebäude „Sägen 6“ in der Brandschutzklasse 5 und erfüllt die Anforderungen der Feuerwiderstandsklasse REI90. Als Fassade dient eine Wechselfalzschalung aus lokalem, gehobeltem Fichtenholz in Leistenoptik, die mit einer Lasur vorvergraut wurde und damit den Holzbaucharakter des „Sägen 6“ sichtbar nach außen dokumentiert. Das hierfür verwendete Fichtenholz stammt aus dem firmeneigenen Wald der Bauherrschaft, der F.M. Hämmerle Holding. Die horizontale Gliederung der Fassade spiegelt auch das Brandschutzkonzept des Bürogebäudes wider, bei dem jedes Geschoss einen eigenen Brandabschnitt bildet. Die integrierten Blechstreifen, die um das gesamte Gebäude verlaufen, dienen dabei als Brandbarriere. Die dunklen Metallpaneele in den Nischen heben sich von den hellen Tannenflächen ab. Zusammen mit den in gleichen Abständen angeordneten Festverglasungen unterstreichen sie die klare Rasterung des Gebäudes. Der Gesamteindruck ist geprägt von Stabilität und zeitloser Gestaltung.
-Text von Susanne Jacob-Freitag und Marc Wilhelm Lennartz-
Beratung für Architekten, Bauingenieure, Bauherren und Holzbauunternehmen